Manipulamotiva

Was glauben Führungskräfte in Deutschland, wie sie ihre Mitarbeiter bei der Stange halten?

Was, glauben Sie, hilft, um Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen zu binden?
Welch Wort! Wer will eigentlich gebunden sein?

Was, glauben Sie, hilft, Mitarbeiter zu motivieren?
Wann ist das aber Manipulation und wie geht gute Motivation wirklich?

Was, glauben Sie, hilft, Mitarbeiter zu halten?
„Wer ziehen will, lässt sich nicht halten“, sagte schon die Oma – oder gibt es doch Instrumente dafür?

Was, glauben Sie, hilft, Mitarbeiter zu gewinnen?
Einen Gewinn gibt es beim Lotto oder beim Spiel – wie aber begeistert man zukünftige Mitarbeiter tatsächlich?

Welcher Begriff drückt es denn aus, dass Mitarbeiter gerne und zuverlässig für Sie und mit Ihnen arbeiten? Dass Sie beruhigt Ihr Unternehmen einige Tage oder Wochen Ihren Mitarbeitern überlassen können, da diese in Ihrem Sinne handeln und wirtschaften, als ob es ihr eigenes Unternehmen wäre? Dass Ihre Mitarbeiter durch ihr Schwärmen neue Mitarbeiter anziehen?

Welcher Begriff ist hier der passendste?
Sie glauben nicht, was uns speziell in den letzten zwölf Monaten so alles zwischen Flensburg und Bodensee begegnet ist. Was wir erlebt haben, immer noch erleben und leider weiterhin erleben werden. Hier fallen Begriffe wie:

  • Geld

  • Mehr Geld

  • „fester“ Arbeitsplatz

  • Unbefristeter Vertrag

  • mind. 30 Tage Urlaub im Jahr

  • Geschenke oder Incentives

  • Steuersparmodelle

  • die „Gnade“, im Unternehmen überhaupt einen Arbeitsplatz zu haben, genommen worden zu sein

  • modernes Büro

Sind Sie sicher, dass das zielführend ist? Oder hat Frederick Irving Herzberg (amerikanischer Arbeitswissenschaftler) recht, dass es sich dabei nur um Hygienefaktoren handelt, die bei Fehlen Unzufriedenheit auslösen, aber keine Motivation bringen, wenn sie vorhanden sind? Ja, es sind „heiße“ Zeiten am Markt. Aber wirtschaftlich betrachtet auch gute Zeiten. Ja, es wird lamentiert, dass es einen Fach- und Führungskräftemangel gibt. Korrekt. Was ist aber davon selbst gemacht? Es ist alles nicht einfacher mit den verschiedenen Generationen im Unternehmen, die so unterschiedlich ticken (von den Veteranen über die Babyboomer, die Generation X und die Generation Y bis hin zu den Unbekannten der Generation Z), aber alle haben so viele gemeinsame Wünsche und ließen sich so leicht führen durch …? Wie heißt das jetzt noch mal?

Die Begriffe sind „Wertschätzung“ und „Anerkennung“

Was steckt dahinter? Wie gut sind Sie darin? Hand aufs Herz, ehrliche Reflexion und dann raus mit der Antwort … Und? Welches ehrliche (Was denn sonst, fragen Sie sich, als ehrlich? Na dann lassen Sie mal jemanden von außen diese Fragen stellen!) Feedback bekommen Sie von Ihren Mitarbeitern zum Thema Wertschätzung und Anerkennung? Und definieren beide Parteien diese Begriffe auch gleich?
Ihre Mitarbeiter wollen nicht „hart“ behandelt werden. Sie wollen aber auch nicht wirklich nach dem Motto „Mach schon, es wird schon!“ und ohne Leitplanken geführt werden. Haben Sie sich in den letzten Jahren mal die „Mühe“ gemacht (sollte eigentlich bei einer echten Führungskraft laufend der Fall sein), Ihre Mitarbeiter kennenzulernen? Was wissen Sie von Ihren Mitarbeitern in Bezug auf deren Familien, über die familiären Aufgaben wie Pflege oder Kinderbetreuung? Was wissen Sie von Ihren Mitarbeitern, warum sie für Sie arbeiten? Wissen Sie, was sich in den letzten Monaten und Jahren geändert hat in deren Wahrnehmung? Wissen Sie, ob Ihre Mitarbeiter bei Ihnen glücklich sind? Fühlen sich Ihre Mitarbeiter bei Ihnen wohl? Wissen Sie, durch welche Aufmerksamkeit sich jeder einzelne Ihrer Mitarbeiter wertgeschätzt fühlt, welche ihn dazu animiert, von sich aus die Leistung zu steigern, auf hohem Niveau aufrechtzuerhalten, Extrameilen zu gehen, wo notwendig? Wie sind Ihre Antworten?

Ja, diese und noch viele weitere Fragen gehören zu einer umfassenden Analyse Ihres Wertschätzungs- und Anerkennungspotenzials als Führungskraft. Warum aber sollten Sie das überhaupt tun? Ganz einfach. Forschungen und Studien bestätigen,

  • dass Mitarbeiter, die wertschätzende Anerkennung erfahren, positiv ermutigt sind, sich höhere Ziele stecken, sich ihren eigenen Zielen (intrinsische Motivation) stärker verpflichtet fühlen, ihre eigenen Fähigkeiten besser einschätzen und leben. (Albert Bandura, bedeutender kanadischer Psychologe,
    Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin)
  • dass Menschen, die regelmäßig Feedback erhalten, ihre Leistung um bis zu 10 % steigern. Dass die Anerkennung und wertschätzende Würdigung einer Zielerreichung sogar eine Steigerung um bis zu 17 % auslöst. Unabhängig vom Zugehörigkeitsgefühl und dem guten Draht zum „Chef“, der sich aufbaut. (Richard Conniff, amerikanischer Autor)
  • dass es drei Bedürfnisse gibt, die uns Menschen ermutigen:

Das sollte aber zum einen auch bemerkt und anerkannt werden. Zum anderen sollten die privaten und geschäftlichen Ziele „abgestimmt“ werden und zumindest auf der gleichen „Umlaufbahn“ liegen. Beispiel: Ein ansprechender und inspirierender Job als Expat im Ausland steht sehr konträr zum privaten Wunsch, ein Haus zu bauen und eine Familie zu gründen. Geht das miteinander? In den seltensten Fällen. Viele Beziehungen zerbrechen daran, entweder die geschäftliche oder die private.

Das ist ein großer Aspekt der Anerkennung des geleisteten Erfolgs. Erfolg macht vielen erst richtig Spaß, wenn ihn auch die Umgebung wahrnimmt und bestätigt. Wir wollen unterschiedlichen (Interessen-)Gruppen angehören und uns dort wertgeschätzt, anerkannt und wohlfühlen. Ob real oder digital. Ganz egal.

Wenn wir 1. und 2. ordentlich machen, bekommen wir in unseren „Gruppen“ auch Respekt, Status und Einfluss. Das tut uns gut. Und wir bestimmen, wie viel wir davon brauchen, um uns wohlzufühlen. Nichts zu sagen zu haben und nicht gefragt zu werden demotiviert uns und macht uns häufig sogar krank. (Studien von David Clarence McClelland, US-amerikanischer Verhaltens- und Sozialpsychologe)

Nehmen wir uns nun das Thema Motivation vor. Welche Typen von Mitarbeitern können Sie in Bezug auf deren Motivation in Ihrem Unternehmen erkennen?

Legen wir hier einmal Maslows Bedürfnispyramide mit den fünf Stufen zugrunde (von unten nach oben):

(vergleichbar mit den Stufen „physiologische Bedürfnisse“):
Warum bin ich hier? Ich brauche Geld, sonst würde ich mir ein schöneres Leben machen. „Ist doch eh nur ein Job.“ „Wenn nicht hier, dann woanders.“

(vergleichbar mit der Stufe „Sicherheitsbedürfnisse“):
Warum bin ich hier? Hauptsache, ich habe einen Job. „Ich verdiene nicht das, was ich wert bin.“ „Es sind zu wenige Urlaubstage.“ „Ich fühle mich nicht wirklich wohl.“ „Die Arbeitszeiten sind blöd.“

(vergleichbar mit der Stufe „soziale Bedürfnisse“):
Warum bin ich hier? Ich gehöre dazu, aber wenn sich etwas Besseres findet, bin ich gleich mal weg. „Die ewigen Glücksritter.“ „Ich weiß eh das meiste besser als die anderen.“ „Wenn ich etwas zu sagen hätte, wäre alles anders.“ „Mit den Kollegen ist immer was los.“ „Ohne die Kollegen wäre ich schon weg.“

Bei diesen drei Stufen ist die Motivation deutlich im Keller. Das ist eher Demotivation. Schauen wir uns jetzt die Stufen 4 und 5 an:

(vergleichbar mit der Stufe „Individualbedürfnisse“):
Warum bin ich hier? Ich werde gebraucht, meine Arbeit hier ist sinnvoll. „Ich weiß, welchen Beitrag ich zum gesamten Erfolg leiste.“ „Ich weiß um die Wichtigkeit meiner Arbeit.“ „Meine Leistung ist wichtig fürs Unternehmen.“ „Ich sehe meinen eigenen Erfolg und der macht mich zufrieden und/oder glücklich.“

(vergleichbar mit der Stufe „Selbstverwirklichung“):
Warum bin ich hier? Mich macht es absolut glücklich, ein Teil dieses Unternehmens zu sein. „Ich möchte zum Gesamterfolg entscheidend beitragen.“ „Ich
möchte auch andere dafür begeistern, ihre Leistung einzubringen.“ „Ich sehe Schwierigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten und möchte dazu beitragen,
diese zu lösen.“ „Ich spreche ganz offen über alles, was mir im Unternehmen auffällt.“ „Ich habe das Gefühl, hier angekommen zu sein.“ „Ich habe meinen
Standpunkt, äußere diesen auch und helfe mit, dass wir noch besser werden.“

  • Hohes Engagement
    Mich macht es absolut glücklich, ein Teil dieses Unternehmens zu sein.

  • Engagiert
    Ich werde gebraucht, meine Arbeit hier ist sinnvoll

  • So ein bisschen Engagement
    Ich gehöre dazu, aber wenn sich etwas Besseres findet, bin ich gleich mal weg.

  • Kein Engagement
    Hauptsache, ich habe einen Job

  • Dienst nach Vorschrift
    Ich brauche Geld, sonst würde ich mir ein schöneres Leben machen

Diese Checkliste hilft Ihnen bei Ihrer ersten Selbsteinschätzung:
  • Zeigen Sie ehrliches und herzliches Interesse.

  • Geben Sie eine offene und individuelle Wertschätzung/Anerkennung.

  • Schätzen Sie Ihre Mitarbeiter, indem Sie diese um Rat bitten.

  • Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern die Zugehörigkeit zu Ihrer Gemeinschaft.

  • Seien Sie dankbar, für „Kleinigkeiten“ und „Großigkeiten“ gleichermaßen.

  • Handlungen überzeugen Ihre Mitarbeiter oft mehr als viele Worte.

  • Durchbrechen Sie die Erwartungshaltung, überraschen Sie Ihre Mitarbeiter.

  • Suchen und setzen Sie gemeinsame Ziele.

  • Seien Sie authentisch.

  • Sprechen Sie positiv, zuversichtlich, begeisternd, ermutigend.

  • Sie selbst machen Fehler – warum nicht auch Ihre Mitarbeiter, solange jeder lernt?

  • Schaffen Sie Entspannung und Lockerheit, um allem Stress des Alltags zu begegnen.

  • Sorgen Sie für Freude und Spaß bei der Arbeit – es ist im Markt schon anstrengend genug.

Und wer jetzt glaubt, das schwäbische Sprichwort „Net gschumpfe isch gnug globt“ („Nicht gemeckert ist genug des Lobes“) sei der Schlüssel zum Erfolg, der täuscht sich. Denn wie eine Forsa-Studie im Auftrag des Happiness Instituts unter mehr als 2.000 Menschen in Deutschland ergeben hat, freuen sich 54 % der Menschen über eine Anerkennung des Chefs, „nur“ 47 % über die des Partners und „nur“ 43 % über die von Bekannten und Freunden. Ist das nicht herrlich, liebe Führungskräfte? Was Sie mit Anerkennung alles bei Ihren Mitarbeitern auslösen können – einfach so, ohne tief in den Geldbeutel zu greifen!

Und für alle Chef-Chefs: Auch die Führungskräfte, die Sie führen, sind Mitarbeiter, Menschen, die sich über Wertschätzung und Anerkennung freuen. Ganz sicher. Das ist wirklich so. Beachten Sie doch mal den Effekt: Ihre Führungskräfte würden durch Ihr Vorbild ihre Mitarbeiter ebenfalls wertschätzen und anerkennen. Welch geniale Firma!
Eines ist auch ganz klar: Wertschätzung und Anerkennung sind nicht das alleinige Mittel, um eine gute und erfolgreiche Führungskraft zu sein. Aber ein extrem wichtiges.

Damit das mit dem wertschätzenden Anerkennungssystem noch besser klappt, hier ein paar Tipps:

Ihre wertschätzende Anerkennung muss immer individuell, persönlich und situationsbezogen sein. Sonst wird sie nicht wahrgenommen und Ihre Mühe verpufft. Anerkennung kann ich nicht mit der Gießkanne verteilen, die am gleichen Wasserhahn gefüllt wird.
Deshalb:

  • Ihre Anerkennung gilt immer für die einzelne Person. Was gefällt Ihrem Mitarbeiter? Was bedeutet ihm etwas? Fragen Sie doch einfach mal nach und machen Sie sich Notizen, damit Sie immer den „richtigen Riecher“ haben für die passende Anerkennung.
  • Die Verhältnismäßigkeit der Anerkennung muss gewahrt sein. Es muss ein Unterschied sein, ob ein Mitarbeiter einen strategischen Kunden gewonnen oder ein langes Auslandsprojekt erfolgreich abgewickelt hat oder ob er sich freiwillig für einen Samstagsdienst angeboten hat.
  • Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Eine zeitnahe Anerkennung ist wirkungsvoller als eine bei der Weihnachtsfeier ein halbes Jahr später – auch wenn das der „festliche Rahmen“ für so etwas wäre. Dort können Sie nochmals alle „Anerkennungen“ auflisten und ins Gedächtnis rufen. Das passt dann wieder.

Dass diese permanente, durchgehende intrinsische Motivation nur wenigen Menschen auf Dauer vorbehalten ist, liegt in der Natur der Sache.

Deshalb sind Sie als Führungskraft gefragt, jeden Tag aufs Neue herauszufinden, wie Sie jeden einzelnen Ihrer Mitarbeiter ermutigen, Leistung zu erbringen. Eine schwierige, aber zu bewältigende Aufgabe. Die 13 Punkte helfen Ihnen dabei, dies regelmäßig zu schaffen und eine Führungspersönlichkeit zu werden, der die Mitarbeiter zur Erreichung der Ziele zur Seite stehen.

Folgen Ihnen Ihre Mitarbeiter, weil Sie ihnen Sicherheit und Freude daran geben, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, oder weil sie einen Vertrag mit geschuldeten Arbeitsstunden mit Ihnen haben? Sind Sie eher ein Leader oder doch eher ein Manager?

Mit diesen Fragen lasse ich Sie heute allein und freue mich auf zahlreiche Kommentare an die Redaktion info@zg-magazin.de. Diese nehmen wir gerne in unseren Blog auf und beantworten diese natürlich gerne per Mail oder im Blog.

Trauen Sie sich, Ihre Meinung zu äußern. Nur so kommt Bewegung in diesen Führungsdschungel. Lassen Sie uns beginnen, Ihre Führungskultur zum Wohle Ihres Unternehmens zu ändern.

 

von Bernd Kollmann

und Andrea Mettenberger

trainerkonzepte.de

Artikel erschien in Ausgabe 9

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