Gefühle managen statt To-Dos

Stress im Job? Ärger mit den Kollegen? Druck vom Chef? Das kennt wohl jeder. Doch das muss nicht so bleiben. Mit einer neuen Technik zur Emotionsregulation lassen sich Gefühle in vier einfachen Schritten in kurzer Zeit verändern. Aus Ärger wird Akzeptanz, aus Frust wird Freude und aus Stress wird Stärke. Die POOL-METHODE® macht es möglich.

Unsere moderne Arbeitswelt stellt ziemlich hohe Anforderungen und bringt immer mehr Menschen an Ihre Grenzen – zunächst mental, dann aber oft auch körperlich. Denn die steigende Arbeitsverdichtung, der Zeitdruck und die zunehmende Komplexität von Aufgaben fordern meist mehr, als man in Schule und Studium gelernt hat. Sachkompetenz hilft da zudem nicht immer weiter, und die sogenannten „Soft Factors“, insbesondere aber sozialkompetente Kommunikation und positives Stimmungsmanagement, werden selten an Hochschulen gelehrt.

Und auch im Privatleben ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Die Kraft, die man in die Kämpfchen am Arbeitsplatz investiert, fehlt dann häufig in der Liebesbeziehung. Und wenn die Geduld im Job schon bis zum Anschlag strapaziert wurde, ist für kraftstrotzende und tobende Kinder am Abend zu Hause oft nichts mehr davon übrig. Kein Wunder, wenn einem da mal der Kragen platzt oder alles zu viel wird, wenn sich die Laune in den Keller verabschiedet und die Nerven blitzblank liegen.

Die Menschen, die zu mir in die Beratung kommen – ob persönlich oder per Skype –, sind zumeist sehr engagiert berufstätig, befinden sich überwiegend in Partnerschaftlichen Beziehungen und haben in sehr vielen Fällen Kinder. Was sie zu mir treibt, ist entweder

• das diffuse Gefühl, dass irgendetwas in ihrem Leben schiefläuft, verbunden mit dem intensiven Wunsch, dies zu ändern, oder

• eine handfeste Krise – entweder im Job oder in der Partnerschaft oder mit den Kindern oder alles zugleich –, die akuten Handlungsdruck erzeugt.

Und diejenigen, die NICHT engagiert berufstätig sind, sich NICHT in einer partnerschaftlichen Beziehung befinden und KEINE Kinder haben, finden meist den Weg zu mir, weil sie darunter leiden, DASS dies so ist, verbunden mit dem intensiven Wunsch, es zu ändern.

Meine Arbeitssituation lässt sich in gewisser Weise mit der eines praktischen Arztes vergleichen: Die Menschen kommen meist nur in die Praxis, wenn sie krank sind – Prävention gilt als Luxus –, und der Doktor soll sie ganz schnell wieder gesund machen. Pille einwerfen und gut, Gesundheit to go sozusagen. Dies wissend und sein volles Wartezimmer und die mageren Kassensätze im Blick, greift der Arzt zu Antibiotika und Cortison. Das funktioniert allerdings nur begrenzt, wie wir alle wissen.

Auch meine Klienten kommen meist erst dann, wenn der Kittel schon brennt, und auch sie wünschen sich von mir, dass ich ihr Problem ratzfatz löse. Problemlösung to go also auch hier. Ehrlich gesagt kann ich das gut verstehen, denn ich habe selbst jahrzehntelang so gedacht. Nur funktioniert das eben auch nicht oder nur begrenzt. Doch weil ich persönlich und in meiner Arbeit sehr lösungsorientiert bin und viel von Selbstverantwortung halte, habe ich im Laufe der Jahre eine Methode entwickelt, die dann doch sehr rasch die gewünschten Ergebnisse bringt. Sie ist zwar auch nicht die ersehnte Wunderpille, die man einmal einwirft, und dann ist wieder alles paletti, aber sie funktioniert doch ziemlich gut – sofern man sie auch anwendet.

„Anders fühlen
kann man üben“

Genau da liegt allerdings oftmals der Haken. Die meisten Menschen glauben nämlich, dass man Gefühle eben hat und dass man daran auch nicht viel ändern kann. Man muss sich doch über den gemeinen Chef ärgern, der einem am Freitagnachmittag noch einen Haufen Arbeit aufbrummt. Es ist doch völlig normal, angesichts der enormen Arbeitsmenge total gestresst und schlecht gelaunt zu sein. Und wenn Kollege Müller befördert wird und man selbst leer ausgeht, kann man doch gar nicht anders, als bis ins Mark frustriert zu sein. Oder?

Doch! Kann man. Muss man aber wollen und man muss vor allem wissen, wie das geht. Mit der von mir entwickelten POOL-METHODE® gelingt der emotionale Seitenwechsel tatsächlich ratzfatz. Ich wende diese Methode zur Emotionsregulation in meinen Beratungen regelmäßig an – und die Ergebnisse sind beeindruckend. Manche Klienten brauchen nur eine oder zwei Sitzungen und kommen danach nie wieder – nicht etwa, weil sie unzufrieden sind, sondern weil sie nun ALLE ihre Schwierigkeiten selbst lösen können. Die Betonung liegt dabei auf SELBST und auf KÖNNEN.

Natürlich lässt sich das, was ich in mehrstündigen Coachings vermittle und in einem 220 Seiten starken Buch niedergelegt habe, nicht mal eben in einem Artikel wie diesem transportieren. Doch ich gebe gerne eine Zusammenfassung:

Die Grundannahme bei der POOL-METHODE® ist, dass sich alle Gefühle, die wir Menschen so haben können, grob zwei Sphären („Pools“) zuordnen lassen – dem warmen Pool der Liebe auf der einen Seite und dem kalten Pool der Angst auf der anderen Seite. Und so, wie wir nicht gleichzeitig in beiden Pools baden können, ist es uns auch unmöglich, gleichzeitig Emotionen aus den beiden entgegengesetzten Sphären zu empfinden. Etwas spiritueller formuliert würde man vielleicht sagen: „Wo die Liebe ist, kann die Angst nicht sein.“ Das gilt natürlich auch umgekehrt. Da jedoch die wenigsten Menschen ad hoc benennen können, was sie jeweils gerade fühlen, habe ich eine POOL-MAP erstellt, eine Art Landkarte, auf der man sich jederzeit über den eigenen emotionalen Standort orientieren kann. So finden wir im kalten Pool Gefühle und emotionale Haltungen wie Ärger, Eifersucht, Frustration, Gekränktheit, Hilflosigkeit, Langeweile, Neid, Ohnmacht, Rache, Sorge, Trauer, Überheblichkeit, Verachtung, Wut und Zweifel. Hier fühlen wir uns eher schwer und innerlich kalt. Auf unsere Beziehungen wirkt dies sozial trennend und wir selbst sind eher passiv. Hier ist man Opfer und hat die „Arschkarte“ gezogen, produziert jede Menge Drama und überlässt das Feld dem Ego, dem es vor allem ums Habenwollen geht, und sei es nur ums Recht-haben-Wollen, und das am liebsten ständig alles Mögliche bewertet, beurteilt oder verurteilt. Kein Wunder, dass der Aufenthalt im kalten Pool auf die Dauer krank macht.

Im warmen Pool der Liebe finden wir Gefühle und Haltungen wie Akzeptanz, Begeisterung, Dankbarkeit, Empathie, Freude, Geduld, Heiterkeit, Interesse, Leichtigkeit, Mut, Optimismus, Ruhe, Stärke, Verständnis, Wertschätzung und Zuversicht. Hier fühlt sich alles leicht an, man ist offen, gelöst, unbeschwert. Auf die sozialen Beziehungen wirkt sich das verbindend aus, denn man geht auf die Mitmenschen zu, will unterstützen und die eigene Freude mit anderen teilen. Dies ist die Sphäre des aktiven Gestalters, der anpackt, Verantwortung übernimmt und seine Chancen nutzt. Im warmen Pool bleibt oder wird man wieder gesund, ist dem eigenen Ich ganz nah, nimmt das Leben mit Humor und nutzt die Intelligenz des Herzens. Hier geht es um das wahre Sein.

„Vier Schritte ins Warme“

So weit also die Theorie. Doch stellt sich nun die Frage, wie es denn gelingen kann, vom kalten in den warmen Pool zu wechseln und dann auch dort zu bleiben. Hierzu müssen wir zunächst einmal feststellen, wo wir uns aktuell befinden. Ich nenne diesen ersten Schritt in die warmen Gefilde „Liebevolle Selbstbeobachtung“. Wenn wir also herausfinden wollen, wo wir uns bildlich gesprochen gerade befinden, müssen wir uns folgende Frage stellen: „Fühle ich mich gerade eher leicht oder eher schwer?“ Das kann erfahrungsgemäß jeder Mensch sofort beantworten, sobald er kurz nach innen horcht, denn der Körper gibt hier eindeutiges Feedback.

Falls die Antwort „leicht“ lautet, ist alles in bester Ordnung und es besteht keinerlei Handlungsbedarf. Bei „schwer“ wissen wir dagegen ziemlich sicher, dass wir bis zum Hals im kalten Pool hocken. Nun heißt es ruhig bleiben und der Sache auf den Grund gehen mit der Frage: „Was GENAU fühle ich eigentlich gerade?“ Wenn dann Antworten kommen wie „Ich bin wütend, weil mein Chef mich bei der Beförderung übergangen hat“, dann ist es wichtig, dies ohne jede Bewertung einfach nur wahrzunehmen und mit dem Gedanken zu quittieren: „Aha! Das ist ja interessant!“ und womöglich aus einer gewissen inneren Distanz darüber zu lächeln.

Als nächsten Schritt brauchen wir ein „Stopp-Macht-Wort“, also eine klare Entscheidung für den Ausstieg aus der kalten Brühe. Dies gelingt am besten mit dem vorzugsweise laut ausgesprochenen oder aber zumindest intensiv in Gedanken formulierten Satz „Nein! So will ich das nicht!“. Das scheint logisch und einfach, erweist sich aber häufig als schwieriger als gedacht, da wir mit unseren negativen Emotionen so vertraut, ja mitunter regelrecht verschmolzen sind. Aber ohne diesen Schritt, ohne die deutliche Entscheidung zum Ortswechsel, funktioniert die POOL-METHODE® nun einmal nicht.

Da wir meist sehr genau wissen, was wir nicht wollen, jedoch unschlüssig sind, was wir denn tatsächlich wollen, ist der dritte Schritt wohl der schwierigste: „Eine Wahl treffen“ bedeutet, sich der Frage zu stellen „Was will ich stattdessen?“. Hierzu ist erneut ein Blick auf die POOL-MAP wichtig, auf der alle Emotionen in den beiden Pools aufgeführt sind. Nun wählen wir eines der Gefühle aus dem warmen Pool, das uns nun – bildlich gesprochen – als Rettungsring im unbekannten Gewässer dient. Und zur weiteren Unterstützung suchen wir noch zwei weitere „warme“ Emotionen aus, die wir uns als Schwimmflügel überstreifen. Derart ausgerüstet können wir den Sprung wagen.

Dazu ist es wichtig, die erwählten Gefühle auch tatsächlich zu fühlen. Aber geht das einfach so auf Knopfdruck? Ja, das geht! Jeder, der schon einmal am 1. April veräppelt wurde oder bei „Verstehen Sie Spaß?“ nach der Auflösung seine Emotionen in Sekundenbruchteilen verändert hat, wird das bestätigen können. Eben noch waren wir total sauer über den Riesenfleck auf dem Sofa, da nimmt der pubertäre Sohnemann eine dort drapierte Folie weg und wir lachen über den gelungenen Scherz. Gerade noch hatten wir uns darüber schwarz geärgert, den Schlüssel verloren zu haben, da taucht er in der Jackentasche auf und wir atmen erleichtert auf. Das funktioniert im Büro mit den dort relevanten Themen ebenso. Ja, Emotionen können sich im Nu verändern, denn sie sind lediglich die Folge eines bestimmten (positiven oder negativen) Gedankens. Und unsere Gedanken bestimmen wir ja immer noch selbst.

Vier Schritte ins Glück:

  • Achtsamkeit und liebevolle Selbstbeobachtung
    „Was genau fühle ich gerade?“
    „Aha! Ist ja interessant!“

  • Stopp-Macht-Wort
    „Nein! So will ich da nicht!“
    Aussteigen!

  • Eine andere Wahl treffen
    „Was will ich stattdessen?“
    1+2 (Rettungsring und Schwimmflügel)

  • Gefühl herstellen
    „Wann konnte ich das schon mal?“
    Gefühl aus der Erinnerung aufrufen und groß werden lassen

Also müssen wir jetzt nur noch die gewünschten „Gefühle aktiv herstellen“. Dazu müssen wir unsere Bewertung der Situation ändern und Raum für andere Sichtweisen schaffen. Okay, das ist anfangs echt harte Arbeit, lohnt sich aber sehr. Um das warme Gefühl zu fühlen, müssen wir uns an eine frühere Situation erinnern, in der diese Emotion sehr lebendig in uns spürbar war. Also durchsuchen wir mit der Frage „Wann konnte ich das schon mal?“ unsere Erinnerungen nach einer passenden Situation, erinnern uns in allen Einzelheiten und mit allen Sinnen an den Moment von damals und baden intensiv in dieser wohligen Emotion. Schlagartig fühlen wir uns besser, leichter, glücklicher. Ich nenne das dann „Arschbombe ins Glück“ und habe so auch mein Buch genannt, in dem ich nicht nur diese Happiness-Methode erkläre, sondern auch noch jede Menge psychologisches Hintergrundwissen und wissenschaftliche Erkenntnisse zur Emotionsregulation sowie diverse weitere Techniken zum positiven Stimmungsmanagement anbiete. Genau darum geht es hier nämlich die ganze Zeit: Um die Bereitschaft, als Führungskraft oder engagiert berufstätiger Mensch, aber auch als Familienvater oder Ehefrau, die eigenen Gefühle so zu managen, dass am Ende ganz viel gute Laune dabei herauskommt. Zum eigenen Wohle und zum Wohle der Mitmenschen.

Auf geht’s: Anlauf nehmen und rein in den warmen Pool der guten Gefühle!

 

von Barbara Fischer-Reineke

Mental Coach und Glücksexpertin aus Stuttgart

www.fischer-reineke.de

Artikel erschien in Ausgabe 10