Wohlfühlen am Arbeitsplatz – Weihnachtswunschliste

Weihnachtszeit – Wohlfühlzeit?

Im Kamin knistert das Holz, es duftet nach Weihnachtsplätzchen, Kerzen brennen, im Glas leuchtet ein guter Rotwein und im Hintergrund erklingt das Weihnachtsoratorium von Bach. So stellen wir uns doch insgeheim die vorweihnachtliche Zeit vor – und überhaupt: Mögen wir nicht alle jederzeit diese Wohlfühlatmosphäre?

Doch Hand aufs Herz: Ist es nicht vielmehr so, dass wir, statt besinnlich und behaglich die Adventtage zu genießen, uns in Muße zu üben, „runterzukommen“, beSINNlich zu werden, noch mehr als sonst rennen, hetzen, klotzen und nicht kleckern? Für das Wesentliche meinen viele keine Zeit mehr zu haben, bei all dem Leistungsdruck – insbesondere nicht in der Adventszeit, die mehr und mehr von der Ankunfts- zur Konsum- und StressHoch-Zeit zu werden droht. An Weihnachten feiern wir die Menschwerdung Gottes, doch was ist mit uns Menschen los? Verzichten wir nicht mehr und mehr auf das, was das Mensch-SEIN an und für sich ausmacht und nicht mit Geld zu kaufen ist? Und vermissen wir es nicht? Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass der Wohlfühlfaktor entscheidend ist für Lehr- und Lernsituationen, für die Beziehungsgestaltung und -festigung und demzufolge auch für Loyalität und Leistungsbereitschaft am Arbeitsplatz. Und wir wissen, dass Wohlfühlen am Arbeitsplatz eng mit Gesundheit und Gesunderhaltung verknüpft ist. Nehmen Sie sich also zehn Minuten Zeit und lesen Sie, was Menschen am Arbeitsplatz zu schätzen wissen, gerade, aber nicht nur zur Weihnachtszeit, denn wo der Mensch Mensch sein darf, wo er sich wohl und zugehörig, gesehen und wertgeschätzt fühlt, mit dem, was er tut, wie er ist, da will er auch sein.

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“
Goethe (Faust)

Die Weihnachts-Wohlfühl-Wunschliste für den Arbeitsplatz

1.

Eine Arbeit, die SINN-voll ist und den eigenen Fähigkeiten entspricht

Für mehr als 40 Prozent der Beschäftigten spielt die Tätigkeit an sich die größte Rolle. Menschen wollen einen Beitrag leisten, gefordert werden und SINN-stiftende Aufgaben, die ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten entsprechen. Das heißt aber auch: Jobs sollten weitestgehend den Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. Und wenn noch eigene Ideen eingebracht werden können und sogar wertgeschätzt werden, steigt die Zufriedenheit am Arbeitsplatz enorm.

2.

Gute Beziehungen zu den Kollegen

Menschen sind soziale Wesen. Rund 38 Prozent der Berufstätigen in Deutschland sagen, dass sich ihre Beziehung zu Kollegen positiv auf ihre Zufriedenheit im Job auswirke, und bestätigen damit, was Pädagogik und Psychologie schon längst wissen: Menschen wollen dazugehören und das, was Menschen am zufriedensten macht, sind echte, vertrauensvolle zwischenmenschliche Begegnungen. Gerade bei Frauen, die sich eher weniger wohl am Arbeitsplatz fühlen als Männer, ist der Faktor Mensch als Wohlfühlfaktor ein ernst zu nehmender Aspekt.

3.

Gehalt (38 %)

Das Gehalt ist für 44 Prozent der Männer ein wichtiges Kriterium, wenn es um Zufriedenheit im Job geht; bei den Frauen ist dieser Anteil niedriger (31 Prozent), außer für Alleinerziehende, die auf das Geld angewiesen sind. Die monetären Aspekte verlieren im Laufe des Lebens laut Studien an Bedeutung (45 Prozent bei den unter 30-Jährigen, 29 Prozent bei den über 60-Jährigen), ebenso steigt die Zufriedenheit mit zunehmendem Einkommen.

4.

Sicherheit des Arbeitsplatzes (29 %)

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das weiß bereits der Volksmund, denn das Gewohnte schenkt Sicherheit und Verlässlichkeit. Nur wer sicher ist, fühlt sich wohl und ist konzentriert bei der Sache. Im Zuge der immer häufiger geforderten Mobilität und Flexibilität in Form von Umstrukturierungen, Führungswechsel und Fluktuation in Teams wünschen sich mehr und mehr Menschen wieder gesichertere Verhältnisse, also sichere Arbeitsplätze, Menschen, auf die sie sich verlassen können.

5.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie (17 %)

Sie wollen, dass Ihre Mitarbeiter Topleistungen erbringen, richtig? Sie wollen vollen Einsatz? Dann behalten Sie im Auge, dass der Mensch nicht nur arbeitet, sondern auch ein Privatleben, ein Sozialleben und nur einen Körper hat, den es gesund zu erhalten gilt. Nur wenn wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen Privat- und Arbeitsleben vereinbar sind, fühlt sich der Mensch wohl. Gerade die junge Generation legt darauf besonders viel Wert und sucht sich nicht selten Arbeitsplätze nach diesem Kriterium aus.

6.

Persönlichkeit des Vorgesetzten (14 %) und Unternehmenskultur (9 %)

Man mag es glauben oder nicht: Viele Kündigungen und ein großer Anteil Arbeitnehmer, die nur noch Dienst nach Vorschrift machen, werden auf die Führungspersonen zurückgeführt. Nach wie vor scheinen viele Vorgesetzte zentrale Bedürfnisse und menschliche Erwartungen wie echte Aufmerksamkeit, Beachtung und Anerkennung, Feedback für das, was geleistet wird, einen Einsatz nach den eigenen Stärken sowie den Wunsch „voranzukommen“ zu missachten. Auch wird häufig beklagt, dass statt Vertrauen und Fehlertoleranz eine Misstrauens- und Kontrollkultur herrsche.

7.

Wohlfühlfaktor – Weiterentwicklung (8 %)

Ja, es gibt sie: Arbeitnehmer, die mit dem zufrieden sind, was sie tun. Sie haben weder den Wunsch weiterzukommen noch wollen sie gefördert oder gar durch neue Aufgaben und neue Verantwortlichkeiten gefordert werden. Doch es gibt auch die anderen, für die Routine zum Bore-out führt und Stillstand Rückschritt bedeutet.

8.

Gesundheit

Zu viel Sitzen kann zu Rückenleiden führen, ebenso zu Übergewicht. Letzteres wird auch durch fehlende Mahlzeitenstruktur begünstigt: Mahlzeiten werden ausgelassen, Essenspausen gestrichen, Heißhungerattacken sind damit programmiert. Psychische Erkrankungen nehmen zu, ebenso Herz-Kreislauf-Probleme sowie Schlafprobleme durch Stress und Überlastung. Wie wäre es mit betrieblicher Gesundheitsförderung, die mehr zu bieten hat als einmal im Jahr einen „Gesundheitstag“? Denn Fehlzeiten durch ungesunde Rahmenbedingungen sind teurer als sinnvolle Investitionen in betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM).

9.

Essen für Körper, Geist und Seele

Heute wissen wir, dass es nicht ausreicht, sich gesund zu ernähren. Zeit für Mahlzeiten, Essgenuss, bereichernde Tischgespräche – all dies ist sehr wichtig für Gesundheit, Kreativität und Wohlergehen. Und: Wer satt ist vom Leben, benötigt Essen kaum als Ersatz, Aufputschmittel oder Seelennahrung.

10.

Wohlfühlfaktor Zeit

Was wünschen sich Kinder am allermeisten von ihren Eltern? Es ist Zeit – Zeit, die sie mit ihren Eltern verbringen möchten. Wir können sie nicht kaufen, wir können sie einander nur schenken. Gemeinsam verbrachte Lebenszeit, in der wir ganz für einander und miteinander da sind. Vielleicht ist das ein Weihnachtswohlfühlgeschenk, das wir einander häufiger machen sollten, privat und am Arbeitsplatz – nicht nur zur Weihnachtszeit.

Dieser Liste zugrunde gelegt sind mehrere Studien: 2016 Umfrageinstitut Census im Auftrag von LinkedIn (10.000 Berufstätige und 3.700 Personalabteilungsmitarbeiter aus acht Ländern), die Gallup-Studie (Engagement-Index 2012-2015), die Haufe-Studie 2016 und die Arbeitsklima-Index-Studie 2008; weitere Erkenntnisse wurden aus zahlreichen aktuellen Gesundheitsstudien und aus der Pädagogik und Tiefenpsychologie gewonnen. Nicht zuletzt spiegelt die Liste viele Geschichten wider, die der Autorin im Rahmen ihrer Führungskräfte-Coaching-Tätigkeit und in ihrer Gesundheitspraxis begegnen.

von Sonja Mannhardt

 

www.sonja-mannhardt.de

Artikel erschien in Ausgabe 7